19 Millionen Euro für Behinderteneinrichtungen
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Bild: MSIBW
Stuttgart (kobinet) Der baden-württembergische Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha hat diese Woche über 6 Millionen Euro für Bauvorhaben an Behinderteneinrichtungen in Baden-Württemberg freigegeben. Mit den aus dem Landeshaushalt und der Ausgleichsabgabe stammenden Mitteln können 12 Maßnahmen verwirklicht werden, durch die das Angebot an gemeindenahen Wohnformen ausgebaut und notwendige Umbauten und Modernisierungen in Wohnheimen und Werkstätten umgesetzt werden können. Die sechs Millionen Euro bilden die erste Tranche der diesjährigen Förderung von Behinderteneinrichtungen. Insgesamt stehen 2017 Landes- und Ausgleichsabgabemittel in Höhe von rund 19,4 Millionen Euro zur Verfügung.
"Die Landesregierung will Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg die gleiche selbstbestimmte Lebensgestaltung ermöglichen wie Menschen ohne Behinderungen. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei einem bedarfsgerechten Angebot von inklusivem Wohnen und Arbeiten. Die von uns geförderten Behinderteneinrichtungen erleichtern Menschen mit Behinderungen, ihr Leben unabhängiger führen und besser an der Gesellschaft teilhaben zu können“, sagte Minister Lucha.
Die geförderten 12 Projekte liegen in den Stadt- und Landkreisen Stuttgart (2), Schwäbisch Hall (1), Main-Tauber-Kreis (2), Heidenheim (1), Rottweil (4), Bodenseekreis (1) und Ravensburg (1). Für die Projekte werden rund 3,5 Millionen Euro aus Landesmitteln und rund 2,6 Millionen Euro aus Ausgleichsabgabemitteln eingesetzt. Ausgleichsabgabemittel sind Abgaben von Betrieben, die mehr als 20 Arbeitsstellen anbieten, aber nicht die gesetzlich vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen (fünf Prozent der Belegschaft) beschäftigen.
Im Hinblick auf die Maßgabe der UN-Behindertenrechtskonvention Sonderwelten zugunsten eines selbstbestimmten Lebens und Arbeitens behinderter Menschen mitten in der Gemeinde schrittweise abzubauen, löste der Blick auf die Liste der geförderten Projekte bei einigen Aktiven aus der Behindertenrechtsbewegung Kopfschütteln aus. Verwunderlich sei vor allem, welche Projekte aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert werden.
Link zur Liste der geförderten Einrichtungen
Von Annika
Ich hab mir auch die Liste durchgelesen und nichts Innovatives im Hinblick auf Inklusion gefunden. Eher scheint es sich um die Erhaltung von Großeinrichtungen zu handeln. Es ist wirklich eine Schande und ich schließe mich der Verzweiflung an.
Warum baut man etwas neu oder um, was es längst nicht mehr geben sollte? Was haben die behinderten Menschen davon? Wären sie nicht mit guten Assistenten in der eigenen Wohnung besser dran als mit einem neuen Wohnheim? Geht es bei dem Geld nur um Immobilien? Wer profitiert? Vielleicht die Baufirma? Arbeiten dort Behinderte? ---
Von Lesebrille
Ich bin doch immer wieder überrascht, wie die Umdeutung von Aussonderungseinrichtungen in "inklusive" Orte Politiker*innen aller Parteien so locker über die Lippen kommen.
Da ich aufgrund der Biografie des Herrn Lucha annehmen muss, dass er weiss, was er da sagt, kann ich nicht anders, als ihm die böse Absicht zu unterstellen, dass er die UN-Behindertenrechtskonvention ignorieren und bekämpfen will und den Begriff der Inklusion bewusst ad absurdum führt!
Ebenso bewusst versenkt er damit Steuergelder, die auch von uns behinderten Menschen erwirtschaftet wurden, gegen unser Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Das nenne ich Misswirtschaft in Reinkultur, allein zum Nutzen der Wirtschaft.
Ein Minister, der gegen die UN-Behindertenrechtskonvention anarbeitet, hat in einem solchen Amt definitiv nichts verloren!
Zurücktreten!!
Von kirsti
Der Verwunderung über die „inklusiven“ Behinderteneinrichtungen, die in der ersten Tranche der diesjährigen Förderung von Behinderteneinrichtungen mit insgesamt „Landes- und Ausgleichsabgabemittel in Höhe von rund 19,4 Millionen Euro“ gefördert werden, schließe ich mich mit allerhöchster uneingeschränkter Verwunderung an. Der dazugehörige Link, der Behinderteneinrichtungen und Werkstätten, als „gemeindenah“ ausweist, ist mehr als eine Farce und stellt alle Bemühungen um eine Umsetzung der UN-BRK auf den Kopf.
In bald völliger Frustration frage ich mich, wohin diese Auslegungen über die UN-BRK führen soll.